Älteres Foto im aktuellen Programmheft zur Museumsnacht
(Gisbert Danberg „Trias“, 2013)
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Linda Schroer
Die im Ruhrgebiet beheimateten Künstler Matthias Danberg und Sven Piayda diskutieren in ihrer auf digitaler Bildproduktion bzw. -bearbeitung basierenden Praxis die Grenzen künstlerischer Medien. In der gemeinsam konzipierten Ausstellung „Tragic Kingdom (Exquisite Boredom)“ im Kunstraum-unten in der Bochumer U-Bahnstation „Schauspielhaus“ erweitern sie in Bildern, Videos sowie einer Soundarbeit ihre bisherigen Fragestellungen durch die Auseinandersetzung mit der Krux des Künstlerseins sowie den Unzulänglichkeiten des Kunstbetriebs.
Frustration, Desillusionierung, Mangel an Bestätigung, Unsicherheit und Infragestellung der eigenen künstlerischen Arbeit bestimmen die Situation vieler junger KünstlerInnen. Matthias Danberg und Sven Piayda, die animierte Videos und digitale Fotografie für ihre künstlerische Praxis nutzen, geht es nicht anders. Während beide Medien vom Kunstbetrieb anerkannt und längst Eingang in die Institutionen erhalten haben, bleibt der Kunstmarkt zögerlich (Ausnahmen wie die weltberühmten Koryphäen der digitalen Fotografie und Sammlerinnen wie Julia Stoschek bestätigen die Regel). Ein Grund dafür ist die theoretisch endlose Reproduzierbarkeit, die sich gegen die Vorstellung des Unikats sowie des Originals richtet. Auch wenn die Etablierung auf dem Kunstmarkt keineswegs Intention der eigenen künstlerischen Arbeit ist, so zwingt der Wandel von der Einflussnahme der Museen und der Kunstgeschichte auf den Markt hin zu einer heutigen Herrschaft der Sammler, zu einer steten Reflexion der Verhältnisse.
Dass diese Entwicklung nicht zum Ausstieg aus der Kunst führen muss, sondern als Motivation und Antrieb zu reflexiver künstlerischer Produktion genutzt werden kann, zeigt die Ausstellung im kunstraum unten. Meist geht dies mit der Befragung der selbst gewählten künstlerischen Ausdrucksmittel einher: Im Ausstellungsraum stellen drei filmplakatartige, an Stilmittel der Portraitfotografie angelehnte Prints, Figuren aus Matthias Danbergs epochalen Videoarbeiten wie Filmstars dar. Der intermediale Ansatz erinnert an den seit der Antike geführten Wettstreit der Künste, dem sogenannten „Paragone“. Hier diskutiert man seit der Antike theoretisch die Vorzüge der eigenen Gattung gegenüber der Konkurrenz. Dies mit der Intention, die bildende Kunst, vorrangig die Malerei, vom Status des Handwerks in den artes mechanicae zu befreien und zu den artes liberales, den freien, geistigen Künsten, zu erheben. Hier geht es um Fragen nach Tradition, Originalität, Legitimität und Anerkennung.
Sven Piayda reflektiert daneben in fünf digital manipulierten Fotografien den Betrieb Kunst. Hier erkennen wir Anspielungen auf den kunstmarkthintergehenden Thomas Schütte und auf wirtschaftliches (Des)Interesse, finden Anekdoten über Aufopferung und Instrumentalisierung sowie Geschichten über Wahrheit und Realität.
Diese Arbeiten im Ausstellungsraum werden durch zwei Vitrinen im Gang der U-Bahn-Station erweitert. Jeweils zwei Videoarbeiten laufen hier für die Besucher oder die flüchtig Vorbeieilenden und fügen dem Ausstellungskonzept eine ironische Brechung hinzu: Die ehemalige Nutzung der Vitrinen als Werbefläche spielt mit der Präsentation von Kunst als Ware. Worum Danberg und Piayda hier werben ist Aufmerksamkeit. Während ersterer mit zwei animierten, GIF-ähnlichen Videos die internetbedingte, äußerst kurze Aufmerksamkeitsspanne heutiger Betrachter bedient, fordert Piayda das Verweilen und Beobachten ein. Die langsame Bewegung der riesigen Parabolantenne über eine bewaldete Landschaft ragend, schürt die Erwartungshaltung des Betrachters, die am Ende durch Ereignislosigkeit unterlaufen wird.
Matthias Danberg und Sven Piayda verwandeln in der Ausstellung „Tragic Kingdom (Exquisite Boredom)“ ihre Unzufriedenheit mit dem kommerziellen Kunstbetrieb in produktives, künstlerisches Schaffen. Anstatt ihm zu entsagen, entstehen subversive, hochaktuelle Arbeiten mit dem Wissen über die Paradoxie, sich selbst innerhalb des kritisierten Systems zu bewegen. Denn sie sind sich darüber bewusst: Wirkung benötigt Öffentlichkeit.
Der 1981 in Bochum geborene Matthias Danberg studierte zunächst Kunst und Philosophie an der Universität Dortmund und ab 2004 an der Kunstakademie Münster bei Prof. Michael von Ofen. Von Ofens malerisches Werk changiert zwischen Figuration und Abstraktion auf Basis einer steten Reflexion des Mediums der Malerei. 2010 verließ Danberg als Meisterschüler die Akademie und erhielt 2013 den Düsseldorfer Förderpreis für Bildende Kunst / Neue Medien. Heute lebt und arbeitet er in Düsseldorf.
Sven Piayda wurde 1977 in Gelsenkirchen geboren und studierte von 1998 bis 2003 Gestaltungstechnik an der Universität Duisburg-Essen. Seit 2006 geht er einer Lehrtätigkeit für Bildbearbeitung, vektorbasiertes Gestalten, computergenerierte Bilderstellung, digitale 3D-Gestaltung und Audiovision nach. 2016 erhält er den Förderpreis des Ruhrpreises für Kunst und Wissenschaft.